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Europäische Zentralbank schlägt Ausweitung der Verwendung von Legal Entity Identifiers im Rahmen der Revision der Prospektpflicht in der Europäischen Union vor

Die Europäische Zentralbank veröffentlichte ihre Stellungnahme zum Vorschlag der Europäischen Kommission über eine „Verordnung über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist“


Autor: Stephan Wolf

  • Datum: 2016-03-18
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Die Europäische Zentralbank (EZB) veröffentlichte am 17. März ihre Stellungnahme zum Vorschlag der Europäischen Union (EU) über eine „Verordnung über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist“. In dieser Stellungnahme erklärte die EZB: „Die geplante Verordnung hat zum Ziel, den Anlegerschutz und die Markteffizienz sicherzustellen und gleichzeitig den Binnenmarkt für Kapital zu verbessern. Zu diesem Zweck sollten Informationen, die Anlegern zur Verfügung gestellt werden, ‚ausreichend und objektiv‘ sein und ‚in leicht analysierbarer, kurzer und bündiger und verständlicher Form‘ präsentiert werden. Diese Informationen sollten eindeutige Kennungen sowohl für das Wertpapier wie auch den Emittenten enthalten. Wie bereits zu Anlässen in der Vergangenheit erklärt wurde, unterstützt die EZB mit Nachdruck die Verwendung international vereinbarter Standards, wie die [International Securities Identification Number] ISIN und den globalen [Legal Entity Identifier] LEI. Die eindeutige Identifikation von Emittenten, Anbietern und Garantieträgern und von Wertpapieren, die der Öffentlichkeit angeboten oder zum Handel an regulierten Finanzmärkten zugelassen werden, kann nur erfolgreich sein, wenn internationale Standards, wie der globale LEI und die ISIN verwendet werden.“

Dieser Blogbeitrag beschreibt die konkreten Änderungen, die von der EZB für die vorgesehenen neuen EU-Regelungen für Prospekte vorgeschlagen werden. Diese Änderungen würden „die Aufnahme des globalen LEIs in Prospekten bzw. Registrierungsdokumenten für Wertpapiere, die unter die geplante Verordnung fallen, zwingend vorschreiben“, d.h. sie würden die Verpflichtung zur Aufnahme des LEIs des Emittenten, des Anbietenden und des Garantieträgers in einem Prospekt schaffen.

Die Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF) begrüßt diese Änderungen des Entwurfs neuer EU-Regelungen für Prospekte, die von der EZB in Hinblick auf den LEI vorgeschlagen wurden, da dies einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Transparenz und der Risikoreduzierung darstellt. GLEIF und seine Partner, die LEI-Vergabeorganisationen, sind bereit, die Vergabe von LEIs zu handhaben, um diese Initiative zu unterstützen.

Die in diesem Blogbeitrag genannten Quellen sind unten in den „weiterführenden Links“ aufgeführt.

Kurze Zusammenfassung: Vorschlag der Europäischen Kommission zur Revision der EU-Bestimmungen für Prospekte

Am 30. November 2015 stellte die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eine „Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates [der EU] über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist“ vor.

Das Exekutivorgan der EU erklärte, dass die geplante Revision der Regelungen für Prospekte „Anlegern die Möglichkeit geben wird, fundierte Anlageentscheidungen zu treffen und die Regelungen für Unternehmen, die Aktien oder Anleihen ausgeben möchten, vereinfachen sowie grenzübergreifende Anlagen im [EU] Binnenmarkt fördern wird. (...) Ein Prospekt ist ein rechtsverbindliches Dokument, das das Unternehmen, seine Hauptgeschäftstätigkeit, seine Finanzlage und die Aktionärsstruktur beschreibt. Er enthält die Informationen, die ein Anleger benötigt bevor er eine Entscheidung treffen kann, ob er in das Unternehmen investieren sollte.“

EZB sieht Nutzen in der Ausweitung der Verwendung des LEIs, indem „die Aufnahme des globalen LEIs in Prospekten bzw. Registrierungsdokumenten für Wertpapiere“, die von den geplanten, neuen Regelungen für Prospekte abgedeckt werden, zwingend vorgeschrieben wird

In ihrer Meinung zum Entwurf ‚Verordnung über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist‘ „unterstützt [die EZB] das globale LEI System, wie es von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) gebilligt wurde, auf eine Weise, die den Empfehlungen des Financial Stability Boards (FSB) [für einen globalen Legal Entity Identifier für Finanzmärkte] entspricht. Der globale LEI bietet Emittenten, Anbietern und Garantieträgern die Sicherheit einer eindeutigen Identifikation und ermöglicht somit die Bereitstellung wesentlicher Informationen an den Anleger. Des Weiteren nimmt die Verwendung des globalen LEIs in Hinblick auf die Identifikation juristischer Personen und Strukturen rasant zu. Die EZB hält es daher für sinnvoll, diese Verwendung auszuweiten, indem die Aufnahme des globalen LEIs in Prospekten bzw. Registrierungsdokumenten für Wertpapiere, die der geplanten Verordnung unterliegen, zwingend vorgeschrieben wird. Die EZB ist der Meinung, dass die Verpflichtung zur Angabe der ISIN und des LEIs sowohl in die geplante Verordnung als auch in alle damit verbundene, von der Kommission delegierte Gesetze zur Umsetzung der geplanten Verordnung, die die Kommission zur Bestimmung des Formats von Prospekten verabschieden muss, aufgenommen werden sollte.“

Im Anhang zu ihrer Stellungnahme macht die EZB Entwurfsvorschläge zu dieser Frage, d. h. Vorschläge zur Änderung des juristischen Texts des Verordnungsentwurfs, der von der Europäischen Kommission vorgelegt wurde. Die EZB schlägt insbesondere die Änderung des Texts der folgenden, im Entwurf des legislativen Texts enthalten Bestimmungen vor (durchgestrichene Textstellen zeigen vorgeschlagene Löschungen an; Text in Fettschrift zeigt neuen Text an, der von der EZB vorgeschlagen wird):

Artikel 7 (5), erster Absatz:
‘5. Die Einführung der Zusammenfassung soll enthalten:

(a) die Bezeichnung der Wertpapiere;
(b) die Identität und die Kontaktdaten des Emittenten; einschließlich seines Legal Entity Identifiers (LEI);
(c) die Identität und Kontaktdaten des Anbieters, einschließlich seines LEIs, falls es sich bei dem Anbieter um eine juristische Person handelt, oder der Person, die um die Zulassung ersucht;
(d) die Identität und Kontaktdaten der zuständigen Heimatbehörde und das Datum des Dokuments. […]’;

Diese Änderung macht die Aufnahme der LEIs des Emittenten und des Anbieters in einem Prospekt zu einem zwingenden Erfordernis.

Artikel 7 (6) (a), erste Einrückung:

‘(a) unter einem Unterabsatz mit dem Titel „Wer ist der Emittent der Wertpapiere?“ eine kurze Beschreibung des Emittenten der Wertpapiere, einschließlich der folgenden Mindestangaben:

- sein Domizil und seine juristische Form, die Gesetze, unter denen er seiner Geschäftstätigkeit nachgeht, und das Land der Gesellschaftsgründung, und seinen LEI;

Diese Änderung macht die Aufnahme des LEIs des Emittenten in einem Prospekt zu einem zwingenden Erfordernis.

Artikel 7 (7) (c)

‘(c) unter einem Unterabsatz mit dem Titel „Sind die Wertpapiere mit einer Garantie verbunden?“ eine kurze Beschreibung der Art und des Umfangs der Garantie, sofern zutreffend, sowie eine kurze Beschreibung des Garantieträgers, einschließlich seines LEIs.

Diese Änderung macht die Aufnahme des LEIs des Garantieträgers in einem Prospekt zu einem zwingenden Erfordernis.

Artikel 20 (6)

‘Spätestens ab dem Beginn des Angebots an die Öffentlichkeit bzw. Zulassung der jeweiligen Wertpapiere zum Handel muss die ESMA alle Prospekte, die von den zuständigen Behörden erhalten wurden, auf ihrer Website veröffentlichen, einschließlich aller Ergänzungen dazu, endgültiger Bedingungen und, sofern zutreffend, der jeweiligen Übersetzungen, sowie Informationen über den oder die Mitgliedstaat(en), in denen Mitteilung über die Prospekte gemäß Artikel 24 ergeht. Die Veröffentlichung muss über einen Speichermechanismus sichergestellt werden, der der Öffentlichkeit kostenlosen Zugriff und eine Suchfunktions bietet. Wesentliche Informationen, die in den Prospekten enthalten sind, wie die die Wertpapiere identifizierende ISIN und der die Emittenten, Anbieter und Garantieträger identifizierende LEI, sollten maschinenlesbar sein und Metadaten enthalten.

Diese Änderung soll sicherstellen, dass der zentralisierte Online-Speichermechanismus, der von der ESMA eingerichtet wird, nicht nur über eine Suchfunktion für die Prospekte in Portable Document Format verfügt, sondern auch dafür sorgt, dass die relevantesten Informationen, die in den Prospekten enthalten sind, durch Verwendung von Metadaten maschinenlesbar sind. Dadurch werden bestimmte Felder in der Prospektdatei direkt maschinenlesbar und ermöglichen so die Einrichtung einer Datenbank durch die ESMA oder Dritte, die diese wesentlichen Informationen in einem für einen Massen-Download geeigneten Format enthält. Zu den wesentlichen Attributen, die über Metadaten maschinenlesbar sein müssen gehören u.a.: die Identifikation der Wertpapiere (über die ISIN) und der Emittenten, Anbieter und Garantieträger (über den LEI) sowie andere Attribute, die wesentlich dafür sind, sicherzustellen, dass Anleger effektiven Zugriff auf zuverlässige Daten haben, die zeitnah und effizient verwendet und analysiert werden können.

Nächste Schritte

Der von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Entwurf der „Verordnung über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist“ wird vom Europäischen Parlament und dem Rat der EU, der die EU-Mitgliedstaaten repräsentiert, geprüft. Jedes dieser Gremien verfasst seine eigenen Vorschläge für Änderungen an dem von der Kommission vorgelegten Text mit Blick auf eine Einigung über eine endgültige Version im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsprozesses, der zur Verabschiedung dieses neuen EU-Rechts führt. Ob die Änderungen des Rechtstexts, die von der EZB in Hinblick auf die Verwendung des LEIs in die endgültige Version der Verordnung mit aufgenommen werden, ist daher im Weiteren von der Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rats der EU abhängig.

Hintergrundinformationen: Der Gesetzgebungsprozess in der EU

Die Europäische Kommission hat ein Initiativrecht, Rechtsvorschläge zur Übernahme durch die Mitgesetzgeber der EU, d. h. das Europäische Parlament und den Rat der EU, vorzuschlagen. (Der Rat der EU ist eine EU-Institution, in der Regierungsvertreter der EU-Mitgliedstaaten sitzen, d. h. die Minister jedes EU-Mitgliedstaats mit Verantwortung für einen bestimmten Politikbereich.) Die überwiegende Mehrheit europäischer Rechtsvorschriften werden gemeinsam vom Europäischen Parlament und dem Rat der EU, in dem die EU-Mitgliedstaaten vertreten sind, unter dem sogenannten ordentlichen Gesetzgebungsverfahren verabschiedet. Dieses Gesetzgebungsverfahren gibt dem Europäischen Parlament und dem Rat der EU in vielen Bereichen das gleiche Gewicht.

In Übereinstimmung mit den jeweiligen Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ist die EZB dafür zuständig, eine Stellungnahme zu Gesetzesvorschlägen der EU abzugeben, die sich auf die Aufgaben des Europäischen Zentralbankensystems zur Umsetzung der Geldpolitik und zur Mitwirkung bei der reibungslosen Durchführung der politischen Maßnahmen, die von den zuständigen Behörden im Zusammenhang mit der Stabilität des Finanzsystems ergriffen werden, auswirken.

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Über den Autor:

Stephan Wolf ist der CEO der Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF). 2023 wurde er zum Mitglied des Vorstands der Internationalen Handelskammer (ICC) Deutschland gewählt. 2021 wurde er in den neuen Industry Advisory Board (IAB) als Teil der weltweiten Initiative der ICC für digitale Standards (Digital Standards Initiative, DSI) berufen. In dieser Eigenschaft fungiert er als Mitvorsitzender des Arbeitskreises zum Thema „Trusted Technology Environment“. Zwischen Januar 2017 und Juni 2020 war Herr Wolf Mitvorsitzender der International Organization for Standardization Technical Committee 68 FinTech Technical Advisory Group (ISO TC 68 FinTech TAG). Von One World Identity wurde Herr Wolf im Januar 2017 unter die Top 100 Leaders in Identity gewählt. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Einrichtung von Datenoperationen und globalen Implementierungsstrategien. Er hat während seines gesamten Berufslebens an der Weiterentwicklung grundlegender Unternehmens- und Produktentwicklungsstrategien gearbeitet. Herr Wolf war 1989 Mitgründer der IS Innovative Software GmbH und erster Geschäftsführer der Gesellschaft. Später wurde er Sprecher des Vorstands der Nachfolgegesellschaft IS.Teledata AG. Diese Gesellschaft wurde schließlich Teil der Interactive Data Corporation, wo Herr Wolf die Funktion des Technischen Direktors innehatte. Herr Wolf hat einen Abschluss in Betriebswirtschaft von der J. W. Goethe Universität, Frankfurt am Main.


Tags für diesen Artikel:
Compliance, Richtlinienerfordernisse, Regulierung, Risikomanagement, Standards